Maria hat Mut:

Vom Auslandssemester zum Solotrip nach Nepal.

20. April 2018

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Wundervolle Landschaft in Neuseeland

Weiße Blüten rascheln neben Marias kleinem Auto, als sie einen Rucksack mit Kleidung entlädt. Es ist März 2016 und das erste Mal, dass ich sie treffe. Wir haben uns verabredet, um gemeinsam ein paar Fotos zu machen. „Ich wollte unbedingt noch mal dieses Kleid auf einem Bild haben“, sagt Maria fröhlich, während sie die Hand an ihre Stirn legt und in die Sonne blinzelt. „Wir verkaufen nämlich im Moment alles, weil mein Freund und ich nächstes Jahr für eine Weile nach Neuseeland gehen.“ Ich lasse beinahe meine Kamera fallen. „Ich gehe nächstes Jahr für eine Weile in die USA“, sage ich. Ab sofort sind die Fotos Nebensache.

 

Heute sind wir beide wieder zurück in Deutschland. Für Maria ist es allerdings längst nicht bei ihrer Neuseelandreise geblieben. Aus einem Auslandssemester wurde bei ihr eine Selbstfindung, an deren Ende sie allein in Nepal landete. Zwischen flatternden, bunten Stoffen, dem schneebedeckten Himalaya und einer großen Selbsterkenntnis.

 

Studium in Neuseeland: Alles verkaufen und die Wohnung kündigen

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Maria und Chris gemeinsam unterwegs

„Ich war schon immer ein freiheitsliebender Mensch und hatte Hummeln im Hintern“, sagt Maria über sich selbst. Die 30-Jährige strahlt zugleich eine große Selbstsicherheit und eine hibbelige Neugier aus. „Ich war schon immer mit meinem kleinen Auto in ganz Deutschland und Europa unterwegs. Meist ganz spontan.“ Eine lange Reise wollte sie bereist seit über zehn Jahren machen. „Aber aus Angst und Selbstzweifeln habe ich das Ganze dauerhaft vor mir hergeschoben.“ Ich denke an den Blutsturz, den ich im Flugzeug nach New York auf dem Weg in mein 4-monatiges USA-Solo-Abenteuer hatte  und verstehe sie sehr gut. Es sieht im Film immer wahnsinnig gut aus, wenn der Held mit monumentaler Musik von Pearl Jam frei und abenteuerlustig über den Highway donnert. In Wahrheit muss man nicht nur im schönsten Moment dringend pinkeln oder hat eine Reifenpanne, sondern stirbt auch mindestens zwanzig mentale Tode.

 

„Zum Glück bin ich vor acht Jahren meinem Freund begegnet. Er hat dieselbe Reiselust. Nach einiger Zeit und gemeinsamen kleinen Urlauben verfestigte sich der große Wunsch, dass wir beide ein Jahr im Ausland studieren wollten.“ Lange haben Maria und ihr Freund Chris alles vorbereitet. „Wir haben alles losgelassen und unser ganzes Hab und Gut verkauft.“ Sie ist kurz in Gedanken versunken. „Wohnungslos. Komisches Gefühl.“ Und genau in dieser Phase habe ich sie im Frühjahr 2016 zum ersten Mal getroffen. Anfang 2017 ging es dann tatsächlich nach Neuseeland zum Studium. „Dort habe ich Maorikultur und -sprache studiert. Es war wunderschön, aber auch extrem.“ Das erste Mal war Maria so unheimlich weit weg von zu Hause und verbrachte mit Chris  gemeinsam ein halbes Jahr auf kleinstem Raum.

Vom Jugendtraum der Soloreise

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Im Van durch Neuseeland

„Wir haben es tatsächlich geschafft, neben dem Studium noch ganz Neuseeland mit dem Campingvan – von der südlichsten Stadt der Welt bis oberhalb der Nordinsel – innerhalb von zwei Wochen zu bereisen. Es war atemberaubend und unvergesslich.“ Ihre Augen funkeln. „Aber im Laufe der Monate ist mir gleichzeitig immer klarer geworden, dass ich mal so richtig allein sein muss.“ Maria begann, das Jahr als ihre Chance zu sehen, ihre eigenen Grenzen zu testen, tiefe Ängste zu überwinden und sich selbst etwas zu beweisen. „Ich wollte endlich meinen Jugendtraum wahrmachen. Allein.“ Wie Chris dazu stand? „Ich habe viel mit ihm gesprochen und bin unendlich dankbar, dass er mich schon immer, und besonders in diesem Moment, in meinen Träumen unterstützt und mir vertraut hat.“ Eine starke Leistung für ein Paar, was vielleicht auch daran liegt, dass sich die beiden schon mit Anfang 20 kennengelernt haben.

 

Maria und Chris änderten ihre ursprünglichen Pläne und gingen nach einem halben Jahr zurück nach Deutschland, statt ein ganzes Jahr in Neuseeland zu bleiben. Und Maria begann mit den Planungen zu ihrem großen Solotrip. Zwei Monate später sollte es losgehen. „Ich habe die Zeit in Deutschland genutzt, um mir einiger Dinge klarer zu werden, zu meditieren und mich mit alten Freunden zu treffen.“ Sie schweigt kurz. „Mich innerlich zu verabschieden.“ Einige Impfungen und Mutausbrüche (ein Wort von ihr, das mir persönlich sehr gefällt!) später, flog sie Anfang Oktober nach Nepal.


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Ankunft in Nepal: Eindrücke, Gerüche, Kulturschock

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Maria mit "ihren" Kindern in Kathmandu, Nepal

„Mein erster Stopp war Kathmandu“, berichtet sie. Ich erinnere mich an das erste Foto aus der Stadt, das ich auf ihrem Instagramkanal gesehen habe. Nur wenige Stunden nach ihrer Ankunft. Eine endlos lange Treppe wand sich durch ein chaotisches Gewirr aus Häusern, dazwischen überall bunte Gebetsfahnen. Ich erinnere mich, wie sehr ich mich für sie gefreut habe, dass sie es tatsächlich gemacht und geschafft hatte. „Dort habe ich einen Monat lang als Volunteer gearbeitet“, beschreibt sie die erste Zeit. „Ich habe Fotodokumentationen erstellt, Kontakte organisiert und pädagogisch mit Waisenkindern gearbeitet.“ Es ist das erste Mal, dass sich Maria mit Asien auseinandersetzt. „Es war der totale Sprung ins kalte Wasser. Ich hatte einen extremen Kulturschock.“ Der Monat brachte sie an die mentalen Grenzen, nach denen sie gesucht hatte. „Die Lautstärke, die Menschenmengen, die Eindrücke und Gerüche – und besonders diese ganz andere Kultur. Es war sehr schwer für mich und ich bin eigentlich immer noch dabei alles zu verarbeiten. Aber es war die beste Entscheidung.“

 

Danach zog es Maria nach Melbourne, Australien. Anfang November landete sie dort. „Eine Stadt voller Kunst, Leben, Freiheit, Meer und Natur. Ich musste weinen, als ich ankam.“ Sie hält kurz inne. „Ich habe mich plötzlich so frei von allem gefühlt. Ich wusste, dass ich die größten Schritte gemeistert hatte.“ Eigentlich wollte sie dort einige Monate bleiben und arbeiten und anschließend wieder zurück nach Asien. Doch wieder einmal gab es eine Planänderung. „Während ich dort war, kam der Punkt, den ich mir für mein Leben immer gewünscht habe. Ich war in mir selbst angekommen. Das hatte ich gar nicht so früh erwartet.“

 

Kurz darauf wurde ihr klar, dass sie damit am Ende ihrer Reise angekommen war. „Ich habe in diesem Jahr alles erlebt und erreicht, was ich mir die letzten zehn Jahre gewünscht habe“, zieht sie Bilanz. „Endlich wusste ich, was ich für meine Zukunft will.“ Sie stornierte ihre eigentlichen Vorhaben und flog Ende November zurück ins kalte Deutschland. Um dort nun ihre Träume zu verwirklichen.

Marias Fazit nach einer einjährigen Reise durch die Weltgeschichte

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Das Fazit nach einem Jahr Weltreise

„Drei Sommer in einem Jahr, kein Winter. 15 Mal geflogen und endlich meine Flugangst überwunden. Einen Rucksack mit meinen Habseligkeiten gepackt und gelernt, wie wenig Klamotten ich eigentlich brauche. Mehrere Speicherkarten voller Fotos und ein prall gefülltes Tagebuch mit unersetzlichen Erinnerungen gesammelt.

 

Jedes Erlebnis, ob nun positiv oder negativ, hat mich wachsen lassen und wird mein ganzes Leben beeinflussen. Ich habe wundervolle Menschen kennengelernt und Orte gesehen, die ich nie dachte zu sehen. Die Beziehung mit meinem Partner ist durch diese Reise unheimlich stark und wunderschön geworden. Meine Einstellung zu Deutschland, meiner Heimat und meinen Freunden hat sich stark verändert. Ich weiß vieles viel mehr zu schätzen und habe endlich ein Gefühl von „zu Hause“ und „Ankommen“. Es ist enorm und kaum in Worte zu fassen.

Was Maria anderen (Solo)reisenden raten würde

„Nutzt eure Ängste, traut euch und seid ehrlich zu euch selbst. Seid achtsam für die kleinen Dinge und lasst euch nicht von äußeren Einflüssen bedrängen. Tränen und Fehler gehören dazu. Lasst euch leiten und wenn Pläne sind sich ändern, dann ist das meist der Weg zu noch schöneren, unerwarteten Erlebnissen. Und ein Tagebuch ist auch eine super Sache!“

 

Wo ihre nächste Reise hingeht, weiß Maria noch nicht. Sie lächelt in sich ruhend und zugleich wieder mit dieser hibbeligen Neugier in ihren Augen. „Ich bin offen, gespannt und lasse mich leiten.“ Mehr über Marias Abenteuer findet ihr auf ihrem Blog overthetellerrand und auf ihrem Instagram-Account.

Alle Bildrechte liegen bei © Maria Tischer/overthetellerrand

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